Obrigkeit und Gemeinschaft

2016 ging unser Genossenschaftswohnprojekt durch eine kritische Phase, weil die Finanzierung durch Banken nicht mehr gewährleistet war.

Sicherheitssehnen

Seit 2007 wird nun schon geplant und gehofft.

Wann wird sich Wohntraum endlich erfüllen.

Anders als man es geplant hat, kommt es oft.

Sicherheitssehnen muss man anders stillen.

 

Sicherheit muss mehr von innen kommen.

Sie erwächst vor allem aus Lebens-Vertrauen.

Vertrauensmangel macht uns beklommen.

So lässt Gemeinschaft sich kaum aufbauen.

 

Vertrauen wird gern auf die Probe gestellt,

Vor allem, wenn Krisen, Konflikte uns drohen.

Dann erst merkt man, ob Vertrauen auch hält,

Wenn wir nicht emotional ängstlich verrohen.

 

Abermals Verzögern, keine Bankenzusagen.

Alles scheint noch unsicher, hängt in der Luft.

Keine klärenden Antworten auf bange Fragen.

Kein: „So wird es.“, auf das man sich fest beruft.

 

Unsicher ist, wie alles hier wohl weiter geht.

Viel vom Geld habe vor Jahren ich eingezahlt.

Ich werde älter. Hoffentlich ist es nicht zu spät,

Da Lebensmühle an den Knochen mir mahlt.

 

Erste Mitgründer/-innen sind schon gestorben.

Die haben ihr Wohn-Ziel nicht mehr erreicht.

Denen hat der Tod diese Freude verdorben.

Hiersein im Alter einem Lotterie-Spiel gleicht.

 

Endlich möchte ich mal zur Ruhe kommen,

Möchte Sicherheit finden fürs höhere Alter.

Erneute Krise macht mich fast benommen,

Fühle mich ausgeliefert, nicht als Gestalter.

Wohn-Geld-Existenz-Angst

Wohnen ist ein Bereich, der Existenz berührt,

Wo Hoffen Tür an Tür mit Angst in uns walten.

Zu Eruption des Pseudo-Rationalen es führt,

Wenn Angst wir stets unter dem Deckel halten.

 

Geld ist ein weiterer psycho-heikler Bereich:

Da hat man vertraut, was man hat, gegeben,

Hat Geld sauer erschuftet, da man nicht reich,

Und nun muss Unsicherheiten man erleben.

 

Gefühlen kommt man kaum rational ganz bei.

Es nützt wenig, sachlogisch zu argumentieren.

Gefühle wandeln sich oft, lässt man sie frei.

Befreit sie meist erst an Wirk-Kraft verlieren.

 

Immer noch Anspruch, nur vernünftig zu sein.

Existenz-Ängste werden so schlicht ignoriert.

Auf Gefühle lässt man kaum direkt sich ein,

Was zu verquasten Gesprächen meist führt.

 

Man vernünftelt, versachlicht, rationalisiert.

Angst-Gefühl tobt mächtig im Hintergrund.

Warum wer was sagt, wird kaum so kapiert.

Sackgassen-Gefühl: Gespräch läuft nicht rund.

 

Ja-aber-Spiele, Wiederholung der Argumente,

Ins-Wort-Fallen, Nicht-Zuhören, Dagegenhalten:

Man achtet mehr auf das, was uns trennte.

Gemeinsames ist derart kaum zu gestalten.

 

Bei Existenz-Angst bricht Psycho-Störung auf.

Unsere Macke nimmt uns in den Würge-Griff.

Übelmeinende, Feinde gibt es plötzlich zu Hauf.

Miese Gerüchte vom Dach diese Amsel pfiff.

 

Besserer Weg: Direkt über Gefühle zu reden.

Wir dürfen auch Sorgen und Wünsche haben.

Wir müssen unsere Ängste nicht mehr befehden.

Chancen zu Miteinander wir derart vergaben.

 

Erst unsere Gefühle. Dann später Vernunft.

Nicht mehr beides durcheinander mischen.

Wir verhindern so Nähe und Übereinkunft,

Indem wir rational Irrationales verwischen.

 


Obrigkeit und Ohnmacht

Abermals eine kritische Phase im Wohnprojekt:

Es geht um Banken, Geld, Zukunft und Wohnen.

Misstrauen gegen die Banken tief in uns steckt.

Motiv bestimmt sie: Wird sich Geldleihe lohnen?

 

Mächtige Banken und meine Ohnmacht dagegen.

Jetzt habe ich Rückhalt in der Genossenschaft.

Sie als Kampfplatz zu nutzen, kommt mir gelegen.

Aus Solidarität der Genossen beziehe ich Kraft.

 

Egozentrismus kann man dahinter verstecken:

Verglichen mit diesen Bankern bin ich stets gut.

Wer mit ihnen kollaboriert, wird bei mir anecken.

Ich bin mir so sicher, dass der Vorstand das tut.

 

Auf Versammlungen darf man fast alles sagen:

Die meisten hören meiner Kritik geduldig zu.

Auch Ausfälle gegen Vorstand kann man wagen,

Was ich mit Blick auf deren Gebaren auch tu.

 

Da geht es schon mal unter die Gürtel-Linie.

Wer sich wählen lässt, muss vieles ertragen.

Dass das Menschen sind, ich lieber nie seh‘.

Wär‘ wer so zu mir, schlüg‘ das auf den Magen.

 

Eher unrealistisch erscheint vorheriger Satz.

Perspektiv-Wechsel wird meist kaum erwogen.

Bei Obrigkeits-Kritik hat Mitgefühl keinen Platz.

Allzu viel wurde von denen da oben gelogen.

 

Endlich kann ich hier meinen Frust austoben

Mit Intelligenz, Verfolgungs-Vermutung, Zeit,

Gegen Eltern, Vorstand, gegen alle da oben.

Doch nach innen zu spüren, bin ich nicht bereit:

 

Woher stammt in mir dieses düstere Grollen?

Wer und was hat mich in der Kindheit verletzt?

Wieso den Allen-da-Oben misstrauen wollen?

Wieso bin ich dabei, wenn intrigiert und gepetzt?

 

Warum glaube ich, etwas besser zu können?

Darf und kann ich mich auf andere verlassen?

Kann ich mir hier endlich Vertrauen gönnen,

Schluss machen mit verzweifeltem Hassen?

 

Woher stammt mein Zwang, dagegen zu sein,

In Entscheidenden zumeist Feinde zu sehen?

Wieso lasse ich mich nicht vertrauend ein?

Was in mir verlangt danach, gegenanzugehen?

 

Kann ich anderen Vertrauens-Vorschuss geben,

Davon ausgehen, auch die kriegen das hin?

Gehe ich ohne Skepsis durch Zonen im Leben,

Wo ich von Wohlgesonnenen umgeben bin?

 

Waren mir meine Eltern einst wohlgesonnen,

Dies nicht als mein Wunsch, sondern konkret?

Wann hat das mit der Sozial-Angst begonnen?

Wofür wohl der Vorstand im Inneren steht?

 

Das sind alles Fragen, die ich mir nie stelle.

Ich will mich niemals psychopathologisieren.

Lieber ich andere mit meiner Kritik verprelle,

Als alte Kindheits-Verletzungen zu studieren.

 

Ich habe den Vorstand bewusst nicht gewählt,

Bin kein Stimm-Vieh, zur Schlacht-Bank geführt.

Vorstand so todsicher seinen Auftrag verfehlt.

Mir wäre mit Sicherheit das niemals passiert.

 

Vorstand soll mich gefälligst gut informieren.

Ich will wissen, was er tut, will es durchschauen.

Mächtige da oben muss man stets kontrollieren.

Kontrolle ist stets besser, als blind zu vertrauen.

 

Winkel-Zug, von wegen, wir sind am verhandeln,

Können nicht mitteilen, mit wem und was genau,

Wird meine Skepsis in Misstrauen verwandeln.

Zu Recht ich Geheimnis-Krämern nicht trau‘.

 


Obrigkeit und Hörige

Auf anderer Seite die, die alles gut finden.

Man muss Eltern gehorchen und trauen.

Wir wählen Entscheidende, uns zu binden.

Die sollen für uns eine Heimstatt erbauen.

 

Unseren Vorstand darf niemand kritisieren.

Sonst werden die beleidigt oder gar böse.

Werden die böse, wir Wohn-Recht verlieren.

Wer meinen Vorstand kritisiert, redet Käse.

 

Die tun doch so viel für uns, rackern sich ab.

Ich bin zumeist passiv, dieweil ich profitiere.

Schuld-Gefühl, schlechtes Gewissen ich hab‘.

Warum andere kritisieren, ich nicht kapiere.

 

Wer kritisiert, hat sich ins Unrecht gesetzt.

Vorstand wurde doch mehrheitlich gewählt.

Regel der Vorweg-Harmonie wird verletzt.

Wer Vorstand angreift, zu den Feinden zählt.

 

Ausfälle gegen den Vorstand von Schlimmen.

Bisher hattet ihr das Sagen. Dann wählen wir.

Wartet nur, bis wir nachher euch überstimmen.

Abstimmungs-Hand gegen Kritikaster ich rühr.

Schafft Transparenz Vertrauen?

Transparenz schafft Vertrauen. Welch Illusion.

Transparenz ist nur eine Bedingung von vielen.

Informations-Transparenz, was bringt das schon,

Solange Gefühle entscheidende Rolle spielen.

 

Auf Lebens-Gefühls-Basis: „Ich komme zu kurz.“,

Kann ich Gemeinschafts-Vertrauen nicht gründen.

Informationen sind mir in Wirklichkeit schnurz,

Kann ich keinen tragfähigen Halt in mir finden.

 

Da kommt mir Gruppen-Dynamik-Spruch zupass.

Denn von Transparenz wird nie genug sein.

Ich denke, andere hassen mich, da ich mich hass‘.

Sind sie sauer, falle ich auf Selbst-Betrug rein.

 

Ich quäle euch, bis ihr mein Hass-Vorurteil erfüllt.

Fordere von euch Transparenz mehr und mehr.

Meine Sucht nach Information ihr niemals stillt.

Neue Fragen zu erfinden, fällt mir nicht schwer.

 

Immer wieder dieser Schrei nach Transparenz:

Legt ihr vom Vorstand alles offen, was ihr wisst.

Misstrauisch ich mich von euch oben abgrenz.

Ihr bei mir schon Vertrauen erzeugen müsst.

 

Vertrauen kann keiner von außen herstellen.

Vertrauen ist unsere innerseelische Qualität.

Misstrauen wächst, da uns welche verprellen.

Nicht verprellend nicht Vertrauen entsteht.

 

Keiner kann von außen Vertrauen erzeugen.

Wer nicht vertrauen kann, muss sich heilen.

Wir müssen uns Misstrauenden nicht beugen.

Wir müssen ihnen nicht in Fallen nacheilen.

 

Hat sich innerlich wer in Misstrauen versteift,

Kann keine Noch-so-Transparenz dies lösen.

Keine rationale Informations-Maßnahme greift.

Die da oben bleiben dabei immer die Bösen.

 

Kaum ist Frage beantwortet, sind drei neue da.

Informations-Defizit bleibt für immer erhalten.

Dass es mehr Fragen als Antwort gibt, liegt nah.

So kann man sein Misstrauen ausgestalten.

 

Klar können andere Vertrauen untergraben,

Die geheimniskrämerisch und hinterlistig sind.

Doch Vertrauen muss ich selbst in mir haben.

Vorschuss gebend lass‘ ich mich ein, nicht blind.

 

Erstaunlich, wie viele noch davon ausgehen,

Sein sei rational, vom Verstand zu kontrollieren.

Können oder wollen sie Irrationales nicht sehen,

Um nicht Kontrolle übers Hiersein zu verlieren?

 


Transparenz braucht Vertrauen

Transparenz schafft Vertrauen, soweit so gut.

Transparenz heißt auch, ich liefere mich aus,

Zu freiwilliger Selbst-Offenlegung hab‘ ich Mut,

Trete aus Schutz-Raum des Taktierens heraus,

 

Verzichte auf Vorteilnahme durch Schweigen.

Schweigen ist oft passive Fassung vom Lügen.

Doch ich mag mich nur denen hier zeigen,

Die mich nicht strafen, hintergehen, betrügen.

 

Ich weiß, du benutzt Wissen nicht gegen mich.

Meine Gefühle sind bei dir in guten Händen.

Mit von mir Anvertrautem hausierst du nicht.

Mitgeteiltes wirst du nicht gegen mich wenden.

 

Schön wäre, wir könnten uns dessen sicher sein.

Solidarität würde unter uns konkret praktiziert.

Wir ließen uns auf Formen des Miteinanders ein,

Mit denen keiner gewinnt und keiner verliert.

Vertrauen erwächst aus Wechselseitigkeit

Ich vertraue mich dir an, kann dir vertrauen,

Dass du, was du weißt, zum uns Besten nutzt.

Zusammen wir so Vertrauens-Kultur aufbauen,

Wo wir wachsen können, weil keiner uns stutzt.

 

Eine Kultur, in der wir sozial experimentieren,

Indem wir Vertrauens-Vorschüsse geben,

Wir auch Fehler und Schwächen akzeptieren,

Einen vertrauenswürdigen Umgang pflegen.

 

Sich öffnen und Informationen preisgeben,

Nicht naiv, sondern stets: Trau, schau wem?

Was brauchen wir für gutes Zusammenleben,

Auch wenn zu vertrauen neu und unbequem?

 

Rückmeldung holen und ehrlich sie geben:

Wie erlebst du mich? Was macht das dir aus?

Vertrauen in Nachbarschaft wir anstreben:

Was bringt man ein? Was hält man heraus?

 

Ich will keinen entmachten oder verwirren,

Will die unterstützen, die für uns etwas tun.

Werde mich äußern, glaube ich, sie irren.

Dialoge stets auf Wechselseitigkeit beruh‘n.

 

Möchte ich, übernehme Verantwortung ich,

Dass andere mich so, wie ich sie, kritisieren?

Ich versetze bewusst in deren Lage mich,

Um einfühlsame Zwiegespräche zu führen.

 

Gemeinschaft wird mehr als Gemeineigentum.

Genossenschaft wird für uns zum Genießen.

Verzichten wir auf Kampf und Sieges-Ruhm.

Hierarchien meist früher als später verdrießen.

 

Statt psychische Herkunfts-Last zu projizieren,

Gewählte zu Bösen oder Guten zu machen,

Können wir Angst vor dem Inneren verlieren,

Unserer Macken bewusst laut über sie lachen.

 

Auch ich kenne die Angst vorm Unbewussten,

Das wie Riesen-Krake aus Düsternis aufsteigt.

Lange dachte ich, ich schiebe nur Frust, wenn

Ich mich Schatten-Reich in mir zugeneigt.

 

Bedrohlich ist, Schatten bei sich zu erblicken.

Was projiziert ward, zu sich zurückzunehmen,

Seelen-Welt in sich endlich zurechtzurücken,

Macken sehend sich ihrer nicht zu schämen.

 

Werden wir individuell gemeinschaftsbereit.

Unsere Macken werden wir nie gänzlich los.

Doch von dem Druck der Verleugnung befreit,

Wird unser Herz weit und Humor riesengroß.

 

Von den Kiez-Plätzen erschallt unser Lachen,

Nehmen wir uns zwar ernst, doch nicht wichtig.

Indem wir Witze über unsere Macken machen,

Schwindet manch Dogma von falsch oder richtig.