Selbst-Verlust durch Drogen-Konsum

Wenn wir uns klar machen, welchen Entfremdungs-Prozess Drogen in uns anleiten, wie wir uns von uns selbst und von den Menschen entfernen, die wir lieben, welche psychosozialen Muster bestimmte Drogen in uns schwächen oder stärken, würden wir möglicherweise anders mit Drogen umgehen.

Dazu dieser Gedicht-Zyklus von Ende 2018.

Unser Leben ist nicht nur hinter sich zu bringen,

Ist Beziehungs-Prozess mit Chance und Gefahren,

Ist ein stetes Um-Sinn-und-um-Wahrheit-Ringen,

Ist Gewohnheit aufgeben und Identität bewahren.

 

Wohinein hat man mich einst gebärend gestellt?

Wer bin ich? Was macht gutes Leben hier aus?

Wie schaffe ich mir Werte und Halt in der Welt?

Worauf will ich mit euch gemeinsam hinaus?

 

Sinn ist nicht da. Den muss man sich schaffen.

Glück kommt ins Leben nicht von ganz allein.

Solange wir uns beiseite stellen und gaffen,

Stellt gelingendes Leben für uns sich nicht ein.

 

Leben heißt, zu fehlen und in Fallen zu tappen.

An Konflikten und Krisen kommt keiner vorbei.

Dann heißt es zu lernen und sich zu berappen.

Nur Mut und Tatkraft macht von Elend uns frei.

 

Man gerät an Gegner, die machen es schwer,

Ihnen zu entfliehen, zu kämpfen, zu gewinnen.

Denn die kommen nicht von außen zu uns her,

Sondern bekämpfen uns verborgen von innen.

 

Da reicht nicht: Dich kann ich nicht brauchen.

Wir haben uns diese Gegner einst einverleibt.

Man muss mit ihnen Friedens-Pfeifen rauchen.

Was man begreift, nicht auf Dauer uns bleibt.

 

Was man nicht wahrhaben will, das behält man.

Bewusstsein klärt auf. Neufreude führt weiter.

Man sein Sosein nur schrittweise wandeln kann.

Wandel gelingt, bin ich bereit, dass ich scheiter‘.

 

Das meiste aus Fehlern und Scheitern wir lernen.

Notwendig ist, dass wir uns Schwäche verzeihen.

Man kann, was erfahren, nicht einfach entfernen.

Man kann sich bei keinem Ersatz-Seele leihen.

 

Sich zu verzeihen, meint, zu sich vorzudringen.

Den Grund des Versagens glasklar zu erfassen.

Was uns verstört, nicht länger niederzuringen.

Was verstört, nicht länger herrschen zu lassen.

 

Ich stelle mich mir selbst als Freund zur Seite:

Wie kann ich dir helfen, wie nur dich stärken?

Inneren Kindern in mir ich eine Heimat bereite,

Leid mitbetrauend, dass Mitgefühl sie bemerken.

 

Koks verkorkst

 

Koks flüstert dir ein: Du bist stets ganz allein.

Also bist du nur noch dir selbst verpflichtet.

Für andere da zu sein, das muss nicht sein.

Auf Verantwortung wird gut und gern verzichtet.

 

Koks klärt dich auf: Es gibt real doch nur dich.

Alles Soziale ist nur Kitsch, Traum und Illusion.

Was hier wahrhaft zählt ist nur Ich, Ich und Ich.

Verpflichtung begegne mit Spott und mit Hohn. 

 

Koks prognostiziert: Die werden dich verlassen.

Nimm das Heft in die Hand und verlasse sie.

Wer für sich allein steht, ist nicht zu hassen.

Beuge nie mehr den Hals. Falle nie auf die Knie.

 

Koks rät dir zu: Lasse dich niemals wieder ein.

Man dich nur ausbeuten, entfremden, benützen.

Vertraue keinem mehr. Du darfst egoistisch sein.

Wer sich isoliert, kann viel besser sich schützen.

 

Koks warnt dich: Die haben sich verschworen.

Die verfolgten doch alle nur die eigenen Ziele.

Egoistisch schon die Eltern, die dich geboren.

Egoismus sei dein Joker im Überlebens-Spiele.

 

Koks beschwichtigt: Was heißt denn süchtig?

Du bist frei, willentlich über mich zu verfügen

Durch mich erfährst du, was falsch oder richtig.

Ich würde dich niemals wie andere betrügen.

 

Koks schwört: Ich bin dir nah als bester Freund.

Wenigstens ich stehe noch treu dir zur Seite.

Nur durch mich erkennst du, wie du gemeint.

Hast du mich, wirst du nicht der Feinde Beute.

 

Koks verspricht. Ich stärke deine Grandiosität.

Mit mir bist du stark, kannst sicher dich fühlen.

Ein Schutz-Raum für gekränktes Ego entsteht.

Du bist besonders, nicht nur einer von vielen.

 

Koks prahlt: Ich habe schon vielen geholfen,

Soziale Bedenken und Skrupel aufzugeben.

So mussten sie nicht den inneren Wolf seh’n,

Konnten für sich endlich skrupellos leben.

 

Ach, wie fühle ich so befreit mich und stark,

Blicke von oben herab voll Überlegenheit.

Was die anderen erleben ist billiger Quark.

Die verschwenden mit Banalitäten viel Zeit.

 

Ich kann mein Dasein sehr kühl überblicken.

In Scharfsinnigkeit finde ich genügend Sinn.

Langweiler muss man zum Teufel schicken.

Ein Segen, dass ich derart weitsichtig bin.

 

Logik und Kaltblütigkeit, Kopf und Verstand:

Mitwelt ist widrig, ist ein beständiger Kampf.

Mein Leben habe sehr sicher ich in der Hand.

Sich auf andere verlassen schafft Krampf.

 

Alkohol betäubt

 

Ich helfe dir wirksam, dich zu betäuben.

Wandel wird dich doch nicht weiterbringen.

Wie du bist, kannst auf Dauer du bleiben.

Wehre dich, lass dich von keinem zwingen.

 

Ich helfe dir, Verantwortung zu verdrängen.

Null Plicht, null Mitgefühl – einfach nur sein.

Ich befreie dich von den engenden Zwängen,

Lässt du verbindlich dich fest auf mich ein.

 

Ich flute dir dein verwundetes Hirn und Herz.

Ich verneble dir selbstkritischen Verstand.

Dann fühlst du weder Freude noch Schmerz.

Komm her und begib dich in meine Hand.

 

Auf mich kannst verlässlich du zurückgreifen.

Dein Problem zu lösen, dafür bin ich gemacht.

Erkenntnis zuzulassen, persönlich zu reifen,

Das ist unsinnig. Das wird energisch verlacht.

 

Psychotherapie, Selbst-Erkundung, Innenschau.

Sowas bringt nichts. Das hilft niemandem weiter.

Besser ist Rauchen und Saufen, blass und blau.

Sich zu betrinken, macht uns leichter und heiter.

 

Vater, Droge, Kind

 

Bedürftiges Kind weint um seinem Vater,

Nicht nach dem, den es an Drogen verlor,

Sondern um den liebenden Lebens-Berater,

Für Wollen und Werden wach Auge und Ohr.

 

Morgens lauscht dein Sohn den Melodien,

Die dir als Kind einst viel Freude bereitet.

Wie kannst du dir da eine Line reinzieh’n?

Was hat dich nur auf den Abweg geleitet?

 

Er weint, wenn ich ihn in die Kita bringe.

Sonst war er fröhlich, hat lachend gewinkt.

In die Arme der Erziehenden in ihn zwinge.

Das nur, weil sein Vater kokst und trinkt.

 

Papa, habe ich dich an Drogen verloren?

Bin ich dir denn derart wenig nur wert?

Du der nicht mehr, der mich mitgeboren.

Was ist an mir falsch? Was ist verkehrt?

 

Drogen-Konsum oder das Kindes-Wohl:

Habe ich mich gegens Kind entschieden?

Seele wirkt wie leer. Herz wirkt wie hohl,

Wird Schmerz samt Verzweiflung gemieden.

 

Was ist vom Vater-Sein mir geblieben?

Dachte ich im Ernst, ich wäre so stark?

Dabei riskiere ich den Verlust der Lieben.

Wieso erschüttert das nicht bis ins Mark?

 

Bin ich durch Drogen derart abgestumpft,

Dass ich warnende Stimmen nicht höre?

Bin ich im Drogen-Sumpf total versumpft,

So dass ich, was mir lieb ist, zerstöre?

 

Statt mutig in Welten nach innen zu gehen,

Statt mich meinen Dämonen zu stellen,

Wollte ich, was ich tat, nicht näher besehen

Wollte ich mir mein Leid nicht erhellen.

 

Ich musste alles für mich alleine regeln.

Keiner kann und darf mich unterstützen.

Derart allein durch das Sein zu segeln,

Wir auf Dauer mehr schaden als nützen.

 

Kokain mit Alkohol und Schnupftabak:

Vielfaches Vergiften: Polytoxikomanie.

Verbunden mit Illusion, dass ich es pack.

Doch nicht hören, wenn die Seele schrie.

 

Seelen-Leid

 

Traurigkeit, Angst, Scham, Schmerz, Entsetzen:

Was nur habe ich mir, Frau und Kind angetan?

Wieso musste ich mich demütigen, verletzen?

Was halte ich in mir nieder durch Drogen-Wahn?

 

Was will ich vermeiden, von mir nicht besehen?

Was fällt mir so schwer und was ist mir zu viel?

Was macht mir Angst und verhindert Verstehen?

Fühle ich mich als Verlierer im Daseins-Spiel?

 

Will ich das, was mir wert ist, wirklich zerstören?

Will ich Prinzipien-Wahn über die Liebe stellen?

Auf welche der Rat-Geber in mir will ich hören?

Sollen mir Stolz und Moral das Leben vergällen?

 

Wieso bin ich so nachtragend, so unerbittlich?

Was habe ich von strenger und starrer Moral?

Ich mache mich einsam, doch bleibe ich sittlich.

Für Prinzipien-Treue ertrage ich gern jede Qual.

 

Oder dient mir meine Einsamkeit als gutes Alibi,

Mich in die Schein-Welt der Drogen zu stürzen.

Indem ich anderen Fehlhandeln niemals verzieh,

Dürfen Drogen mir nun mein Leben verkürzen.

 

Ich habe den Kontakt verloren zur realen Welt.

Die Drogen haben mir meinen Blick vernebelt,

Sich zwischen mich und die Beziehung gestellt,

Den Selbst-Wert zerstört, Gefühle geknebelt.

 

Was sollten die Drogen mir im Leben ersetzen?

Wohin weist Sehnen? Worin erlebe ich Mangel?

Mach ich weiter, wird das mein Leben zerfetzen.

Wieso die Sucht? Was hat mich an der Angel?

 

Nur wenn ich einsichtsvoll werde, mich besinne,

Dass nur ich selbst mir Dasein gestalten kann,

Habe ich Chance, dass ich zu erwachen beginne,

Fängst Zeit innerer Freiheit für mich endlich an.

 

Erwachsen werden

 

Erwachsen werden heißt für uns zu begreifen,

Wie sehr wir im Sein noch fremdbestimmt sind.

Zur Einsicht und Demut muss Seele erst reifen.

Sonst schauen wir außen, obzwar seelisch blind.

 

Familie, Herkunft, Kultur, Land, Sprache, Zeit:

All das haben wir meist uns nicht ausgesucht.

Wir fallen in ein Sein, für das wir kaum bereit,

Das die Eltern irgendwie für uns mit gebucht.

 

Wir wachsen heran, sollen meist was werden,

Erleben Beziehungen als Chance und Gefahr.

Verbote und Gebote unsere Freiheit gefährden.

Man fragte nicht, bevor man zeugte und gebar.

 

Was Eltern verwehrt, sollen oft Kinder erfüllen.

Fremde Sehnsucht uns als Gepäck aufgeladen.

Es fühlt sich verkehrt an, deren Sehnen zu stillen.

Fremdbestimmt wir uns verlieren und schaden.

 

Verstand wird mit verwertbarem Wissen gefüllt.

Kaum beachtet wird liebendes Herz in der Brust.

Beziehungs-Erfahrungen formen Mitwelt-Bild.

Doch davon ist uns meist sehr wenig bewusst.

 

Wir erleben unser Dasein in engen Grenzen.

Verweil-Zeit ist begrenzt durch Geburt und Tod.

Für äußere Erfolge uns oft andere bekränzen.

Doch ohne Selbst-Wert gerät die Seele in Not.

 

Wird der Selbst-Wert auf Fremd-Beachtung fixiert,

Wird Erfolg von außen uns zum Wert-Maßstab,

Unsere Leib-Seele zumeist jeglichen Halt verliert,

Sobald ich scheitere und keine Erfolge mehr hab.

 

Erfolge sind für das Ego gleichwertig wie Drogen:

Adrenalin, Cortisol, Oxytocin, Dopamin, Serotonin.

Wir surfen. Doch am Ufer verlaufen sich Wogen.

Bleibt Erfolg aus, was wird man dann reinzieh’n?

 

Hormongetrieben treiben wir durch unser Leben

Unser Gehirn wird von Boten-Stoffen geflutet.

Wo bleiben wir dabei selbst mit unserem Streben?

Was wird zugleich von Mitwelt uns zugemutet?

 

Erwachsen werden bedeutet zu unterscheiden:

Wovon bin ich abhängig? Worin bin ich frei?

Was schafft Entwicklung? Was schafft Leiden?

Was bleibt Gewohnheit? Was mache ich neu?

 

Nützliches und Schädliches gilt es zu sortieren:

Was tut mir und dir weh und was tut uns gut?

Wir brauchen unsere Gefühle zum Orientieren,

Bindung und Liebe, Selbstbewusstheit und Mut.